Die Bedeutung eines effektiven Exsudatmanagements
Auch in Corona-Zeiten müssen traumatische, chirurgische und chronische Wunden weiterhin routinemäßig versorgt werden – nun unter den erschwerten Bedingungen von COVID-19-Infektionen, Arbeitsstress und Engpässen der medizinisches Fachpersonen, die personell unterbesetzt sind. Die letztgenannten Faktoren weisen darauf hin, dass eine sichere und wirksame Wundtherapie in der heutigen Situation wichtiger denn je ist. Ein primärer Aspekt der wirksamen Wundtherapie ist das Exsudatmanagement.
Exsudat ist ein normaler Bestandteil der Wundheilung. Es kann jedoch in der falschen Menge, an der falschen Stelle oder in der falschen Zusammensetzung Probleme verursachen. (World Union of Wound Healing Societies [WUWHS], 2019). Das Wundbett muss leicht feucht sein, um den Transport von Nährstoffen, Botenstoffen und immunologischen Faktoren sowie die Proliferation und Migration der Epithelzellen zu ermöglichen, die den Reparaturprozess einleiten. Überschüssiges Exsudat verzögert die Wundheilung, da es meist eine hohe Konzentrationen von Entzündungsmolekülen enthält. Während die Freisetzung von Exsudat aus dem Wundbett auf eine normale Entzündungsreaktion zurückzuführen ist, um die lokale Gefäßpermeabilität zu erhöhen, damit Immunzellen in die Wunde migrieren können, ist eine Exsudatansammlung, das sogenannte Exsudat-Pooling (Exsudatstau) unerwünscht (Gefen, 2019; Lustig et al, 2021). Übermäßiges Exsudat stört bekanntermaßen den Heilungsprozess und kann Zell- und Gewebeschäden verursachen, indem es etwa ein günstiges Milieu für das Wachstum von Krankheitserregern schafft oder die wundumgebende Haut übermäßig befeuchtet, was zu Mazeration führt. In der gegenwärtigen Pandemie kann das Virus bei Patienten mit COVID-19 im Exsudat vorhanden sein, wodurch die Ansammlung von Exsudat das Risiko einer Exposition gegenüber COVID-19 für medizinisches Fachpersonal erhöhen kann (Gefen und Ousey, 2020; Zhou et al., 2020). Schließlich kann ein Exsudatstau auch zu unangenehmem Geruch führen, dessen Intensität mit der Keimbelastung der Wunde zusammenhängt (Ousey et al., 2017).
Aus all diesen wichtigen Gründen sollte Wundexsudat wirksam absorbiert und im Verband gebunden werden. Dies sollte auch bei Einwirkung mechanischer Kräfte auf den Verband gewährleistet sein, wie z. B. bei einer nicht druckentlasteten Wunde oder wenn der Verband an Kleidung, Bettlaken, Medizinprodukten, Bettgestell oder Rollstuhl reibt (Lustig et al., 2021). Unabhängig davon, ob der Verband Druck ausgesetzt ist oder nicht oder ob er neu und trocken oder gebraucht und fast gesättigt ist, sollte er das Wundbett während der gesamten Anwendungsdauer warm und feucht halten, aber niemals durchnässen. Die Gewebetemperaturen im und um das Wundbett herum sollten in etwa Normalwerten entsprechen. Sekundärverbände sollten zudem undurchlässig gegenüber externen Flüssigkeiten und Krankheitserregern sein, aber dennoch einen Gasaustausch mit der Wundumgebung ermöglichen.
Einen Exsudatstau und seine negativen Auswirkungen auf den Heilungsprozess zu verhindern, ist ein hohes Absorptions- und Retentionsvermögen des Verbandes (auch bei Einwirkung mechanischer Kräfte) sowie ein enger und kontinuierlicher Kontakt zwischen der absorbierenden Verbandoberfläche und dem Wundbett erforderlich. Bei Therapieprotokollen mit Anwendung von Primär- und Sekundärverbänden ist ein effektiver Exsudattransfer vom Wundbett zum Primärverband und vom Primär- zum Sekundärverband ein Muss (Lustig et al., 2021). Faserverbände werden in der Regel bei der Behandlung von Wundhöhlen angewendet. Verbände sollen das Exsudat wirksam vom Wundbett zu einem geeigneten absorbierenden Sekundärverband ableiten.